Ein Modelabel als Mehrgenerationenprojekt? VOGUE traf das Mutter-Tochter-Duo Bernadette und Charlotte de Geyter

"Ich war es, die die Idee hatte, mit meiner Mutter zusammenzuarbeiten", erzählt Charlotte de Geyter in deren Studio in Harmonie. Sie trägt ebenso wie ihre Mutter einen bodenlangen Rock aus ihrer eigenen Sommerkollektion. Auf dem Meeting-Tisch – wie sollte es anders sein – ein großes Blumenbouquet. Auf den Kleiderständern hängt die kommende Herbst-Winter-Kollektion. Kürzlich hat Bernadette diese auf der ersten Runway-Show bei der Pariser Fashion Week gezeigt.
Die Mutter: die ModeikoneBernadette de Geyter (60), die Namensgeberin, ist keine Unbekannte in der belgischen Modeszene. Seit 2011 verkaufte sie mit dem Label "Made by Bernadette" oversized Strickteile aus Mohair. Als Einkäuferin arbeitete sie unter anderem bei Ralph Lauren, für sie eine prägende Erfahrung. Denn genauso wie der amerikanische Modemacher will Bernadette de Geyter einen Stilkosmos erschaffen, der über den Kleiderschrank hinausgeht. So findet sich bei Bernadette dasselbe Muster genauso auf einem Kleid wie einer Kaffeetasse oder einem Kissen wider.
In Bernadette de Geyters Townhouse ist die florale Bernadette-Ästhetik omnipräsent. Als alleinerziehende Mutter hat Bernadette de Geyter seit jeher einen engen Bezug zu ihren Kindern — und ihre Kinder zu ihr. Von klein auf verbrachten sie viel Zeit mit ihrer Mutter in den Boutiquen von Brüssel, Gent oder Antwerpen. Später landeten beide, auch der Bruder, in der Mode. Bernadette ist die Ruhigere des Design-Duos, "aber sie ist von uns eindeutig die Mutigere", wie ihre Tochter verrät.
Charlotte de Geyter (32) ist Absolventin der Royal Academy of Fine Arts. Wenig Hochschulen sind künstlerisch so anspruchsvoll — und so erfolgreich. Die Akademie hat Modegrößen wie die "Antwerp Six" rund um Walter Van Beirendonck oder den deutschen Designer Stephan Schneider hervorgebracht und Antwerpen von der Diamanten- und Handelsstadt zur Modestadt formiert. "Die Jahre an der Uni waren sehr intensiv", erzählt Charlotte de Geyter. Hier hat die Designerin nicht nur ihren Stil gefunden, sondern auch ihre große Liebe, den belgischen Künstler Ben Sledsens. "An der Uni dachte ich, dass ich später bei einem großen Haus wie Prada arbeiten will", so Charlotte, doch nach dem Abschluss und einem Praktikum bei Simone Rocha in London gründete sie schließlich mit ihrer Mutter: "Wir haben eine enge Connection. Meine Mutter war immer schon mein Modevorbild, allein schon dafür, wie sie Einzelteile kombinierte." Die wiederum nennt die Tochter eine tägliche Inspiration.
Kaum mit dem Praktikum fertig, zog Charlotte de Geyter also wieder zu Hause ein, damals noch in das Haus im Umland von Antwerpen. Sie öffnete das Archiv ihrer Mutter, fand dort Vintage-Designerteile, viel Lingerie, viel Stick — und verbrachte Tage damit, im riesigen Garten die Pflanzen zu malen und daraus Prints zu entwickeln. 2018 stand die erste Kollektion: acht lange, farbenfrohe Seidenkleider mit großen, botanischen Prints, exklusiv verkauft bei Net-A-Porter.
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