Gallery Weekend Berlin: Pussy-Riots Nadya Tolokonnikova zeigt die Gefängniszelle, in die Putin sie steckte

Eigentlich sollte Nadya Tolokonnikova am Samstag die Berliner Frühlingssonne genießen und im Rahmen des Gallery Weekends in der Neuen Nationalgalerie mit dem deutschen Kunststar Anne Imhof sprechen. Doch die Pussy-Riots-Aktivistin, Musikerin und Performancekünstlerin hat ihren Besuch letztlich absagt, das Risiko war zu groß.
Seit 2023 steht sie auf der „Most-Wanted“-Liste der meistgesuchten Kriminellen Russlands. Weil sie um ihr Leben fürchten muss, darf seitdem niemand wissen, wo sie lebt und sich aufhält. Die Russin lebt im Exil. Und durch Trumps erratischen Ein- und Ausreiseregularien können Kritiker nicht mehr sicher sein, was an der Grenze, an Flughäfen und Transitzonen geschieht, und in Tolokonnikova konkretem Fall, womöglich nach Russland ausliefert zu werden.
Ihre Kunst allerdings kann man sich in Berlin anschauen. In der Galerie Nagel Draxler in Mitte hat Tolokonnikova die kleine Zelle nachbauen lassen, in der sie zwei Jahre gefangen war. Es ist ein sehr kleiner Raum, silberne Gitterstäbe. Wegen ihrer Protestaktion „Punk-Gebet“ von 2012, als sie mit anderen Pussy-Riot-Aktivistinnen in bunten Strickschirmmützen in der Moskauer Erlöser-Kirche tanzten und die Gott baten, Putin aus dem Amt zu entfernen, wurde sie 500 Kilometer von Moskau in Mordwinien eingekerkert. Sie war damals 23 Jahre alt, ihre Tochter war vier. Tolokonnikova trat mehrfach in Hungerstreik, und kämpfte gegen die Haftbedingungen in dem Straflager.
Nadya Tolokonnikovas Kunst in Berlin: „Ich werde überleben.“Heute ist die in Sibirien geborene Tolokonnikova 35 und vielleicht die bekannteste Kritikerin Russlands. Auf einem Holzschemel in der Zelle in der Ausstellung steht eingeritzt ACAB (‚Alle Polizisten sind Bastarde'). Auch „Putin‘s Ashes“ steht hier, in kleinen Glasfläschchen. Das Kunstwerk geht zurück auf eine Kunstaktion: Ein drei mal drei Meter großes Porträt des russischen Machthabers hat sie in einem Video angezündet, die Asche ist nun hier. „Es war extrem befriedigend, ihn zu verbrennen“, sagt Tolokonnikova in einem Interview.
Seit der dieser Aktion steht steht sie zur Fahndung ausgeschrieben. „Wanted“ heißt nun auch die Ausstellung. Auf einem Wandgemälde steht „yes sex is great but have you ever fucked the system <3 <3 <3“ (‚ja sex ist großrartig aber hast du jemals das system gefickt‘) Und in kyrillischer Schrift ist das Lebensmotto der mutigen Künstlerin in Stahlplatten geritzt: „Ich werde überleben.“
Nadya Tolokonnikova, „Wanted“. Galerie Nagel Draxler, Weydingerstraße 2/4, vom 3. Mai bis 6. Juni 2025
Berliner-zeitung