Ballaststoffe statt Bakterien: Diät als Schlüssel zur Mikrobiom-Erholung



Sich nach einer Antibiotika-Behandlung ballaststoffreich zu ernähren, ist laut einer aktuellen Studie mit Mäusen hilfreich für die Wiederansiedelung eines gesunden Mikrobioms im Darm. / © Getty Images/FreshSplash
Jede Antibiotika-Gabe verändert unser Mikrobiom. Zu verhindern ist das derzeit nicht. Was man aber tun kann, damit ein nach einer Antibiotikatherapie in Mitleidenschaft gezogenes Mikrobiom möglichst schnell wiederhergestellt ist, wird intensiv beforscht.
Dass dies scheint relativ gut möglich zu sein scheint, wenn man sehr einfachen Empfehlungen folgt, zeigen Forschende um Megan S. Kennedy von der University of Chicago jetzt im Fachjournal »Nature«. Sie adaptierten für ihre Studie zunächst Mäuse, die unter aseptischen Bedingungen gehalten wurden, vier Wochen lang entweder an eine normale, fettarme und ballaststoffreiche Ernährung (RC) oder an eine fettreiche, ballaststoffarme westliche Ernährung (WD). Danach wurden die Tiere drei Tage lang oral mit einem Antibiotikacocktail aus Vancomycin, Neomycin und Cefoperazon oder mit einem Kontrollpuffer behandelt.
In mehreren experimentellen Kohorten erhoben die Forschenden anschließend über bis zu neun Wochen hinweg mikrobiologische, metagenomische, metabolomische und infektionsbiologische Parameter der Tiere. Sie analysierten zudem die Auswirkungen von Interventionsversuchen mit Fäkaltransplantationen (FMT) und gezieltem Diätwechsel. Im Zentrum ihrer Arbeit stand die Hypothese, dass nicht primär das mikrobielle Ausgangsmaterial, sondern die Qualität der verfügbaren Nahrungsressourcen, vor allem die Balance zwischen komplexen und einfachen Kohlenhydraten, den Verlauf und Erfolg der mikrobiellen Wiederbesiedelung nach einer Störung bestimmt.
Die Forschenden konnten eindrucksvoll zeigen, wie schädlich sich eine WD auf eine gesunde Mikrobiota auswirken kann. Denn nach der Antibiotikabehandlung verzögerte eine solche Diät signifikant die vollständige Wiederherstellung der Mikrobiota nicht nur hinsichtlich der mikrobiellen Biomasse, sondern auch hinsichtlich der Diversität und funktionellen Genvielfalt. Im Gegensatz dazu erholten sich Mäuse, die eine normale, fettarme und ballaststoffreiche Ernährung erhielten, zügig sowohl in Bezug auf phylogenetische Diversität als auch funktionelle Redundanz.
Auch war die Regeneration zentraler Metaboliten wie kurzkettiger Fettsäuren (SCFA), darunter Acetat, Butyrat und Propionat, sowie sekundärer Gallensäuren unter WD stark eingeschränkt. Metagenomische Analysen zeigten unter WD eine persistente Verarmung hunderter KEGG-Orthologe (KO), insbesondere im Bereich der Kohlenhydrat- und Aminosäuremetabolismen. Als KO bezeichnet man eine Gruppe orthologer Gene, die in verschiedenen Organismen vorkommen, aber die gleiche enzymatische oder funktionelle Rolle in einem bestimmten biologischen Prozess oder Stoffwechselweg spielen. Jedes KO wird in speziellen Datenbanken durch eine eindeutige Kennung identifiziert. Auf diese Weise kann man von der Situation in der Maus auf der im Menschen schließen.
Mithilfe von genomweiten Stoffwechselmodellen (prGEM) konnten die Forschenden eine tiefgreifende Störung von Netzwerken unter WD aufgedecken. Bei RC-Ernährung der Mäuse bildeten sich hingegen trophisch komplexe Gemeinschaften, in denen frühe Kolonisatoren wie Enterokokken Nischen für spätere anaerobe Spezialisten schufen. Unter WD dominierte im Unterschied dazu ein einzelner Lactococcus-Stamm mit geringer syntropher Aktivität, was zur Blockade des ökologischen Folgeprozesses führte.

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